„Betrieb uff de Gass“, so sagt man hier in der Westpfalz, wenn viele Menschen draußen sind, wo etwas los ist. Das sollte doch auch für eine Smart City gelten, oder? Die Idee ist, digitale Lösungen ermöglichen mehr „Betrieb uff de Gass“.
Der Schwerpunkt in diesem Beitrag ist gerade der Betrieb solcher Lösungen. Hand auf’s Herz. Welche Stadtverwaltung ist für 24/7 vorbereitet? Betrieb rund um die Uhr an jedem der sieben Tage der Woche, Feiertage eingeschlossen? Was bisher nur für Stadtwerke, Stromversorger, Verkehrstechniker, Stadtentwässerung, IT-Abteilung, Feuerwehr, Ordnungsbehörde oder Krankenhaus gegolten hat, soll nun Einzug in die Amtsstube halten? Die Frage nach dem „warum“ ist einfach zu beantworten. Die Schnittstelle zur Bevölkerung ändert sich. Das OZG schafft 24/7 an der digitalen Eingangstüre. Automation von Vorgängen soll die Antwortzeit der Behörden verkürzen. Twitter, Facebook und Instagram pausieren nicht. Beteiligungsplattformen sollen Bürgerinnen und Bürger intensiver und früher in komplexe Vorhaben einbinden und werden intensiv genutzt, wenn die Zielgruppe Zeit hat, und das ist meist an Randzeiten und am Wochenende. Agile und responsive Verwaltungen werden gefordert, diese Attribute erfordern aber grundlegende Veränderungen.
Lassen wir mal die fortlaufend zunehmende Ungeduld der Menschen beiseite, so stellt die Fähigkeit zur Antwort eine Grundvoraussetzung für den Dialog und das gesellschaftliche Miteinander dar. Engagierte Diskussion werden von mehreren, idealerweise sogar vielen Menschen geführt. Dialogprozesse, wie die Bürgerbeteiligung, nutzen Formate, um die Verwaltung und die Zivilgesellschaft zu verbinden. Die Digitalisierung möchte diese Dialoge vertiefen, beschleunigen, bereichern und dokumentieren. Digitalisierung ermöglicht eine Entkopplung von Raum und Zeit. Bürgerinnen und Bürger müssen nicht mehr zu Versammlungen kommen, sondern können vom Wohnzimmer zu jeder Tages- und Nachtzeit ihren Input zu einem Vorhaben formulieren. Dabei reicht es nicht, wenn die Verwaltung von Stadt, Kreis oder Gemeinde einfach etwas hinstellt. Mitmachen bedeutet miteinander kommunizieren und gestalten. Wenn der Dialog gerade so schön ans Laufen kommt, hält sich die Verwaltung raus, weil Wochenende ist? Der Fokus liegt hier auf einer inhaltlichen Betreuung und nicht auf das einfache Löschen von unpassenden Tweets, beleidigenden Beiträgen oder unerwünschter Werbung. Wenn Fragen im Dialog auftauchen, wenn Vorschläge gemacht werden, wenn Einwände erhoben werden, muss man sich als Partner im Gespräch inhaltlich mit den Beiträgen auseinandersetzen und qualifizierte, autorisierte Antworten geben. Fachwissen und Berechtigungen 24/7 sind gefordert.
Aber auch interne Prozesse, die durch Digitalisierung geschaffen werden, enthalten sensible Fragen des Betriebs. Vor einiger Zeit wurde eine neue Straßenbeleuchtung installiert, inklusive Fernbedienung per iPad. Die Idee war überzeugend: bei Bedarf sollte auf einem Platz die Helligkeit erhöht werden. Die Örtlichkeit war für Drogenkriminalität bekannt, Personenkontrolle nicht unüblich. Polizei und kommunaler Vollzugsdienst waren angetan von der Idee, dass mehr Licht ihre Arbeit unterstützt, die Sicherheit der Mitarbeiter eingeschlossen. Beim Übergabetermin wurde die Funktion ausgiebig getestet, man war sich einig: „Super“! Peinliche Stille gepaart mit einer Spontananalyse der eigenen Schuhspitzen trat dann ein, als der Techniker freudig fragte, wem er denn nun den Zugangsschlüssel für die Fernbedienung auf das mobile Endgeräte spielen dürfe. Die behördliche Kernfrage der Zuständigkeit blieb unbeantwortet. Die Lösung wird für den angedachten Zweck bis heute nicht eingesetzt.
Flächendeckende Installationen, komplexe Abläufe und technische Störungen sind nicht selten bei digitalen Lösungen. Hinzu kommt manchmal ein Reifegrad der Systeme, der sein Optimum noch finden muss. Zentrale Forderung beim Betrieb ist daher: pro-aktiv statt re-aktiv. Man muss sowieso etwas tun, aber man hat die Wahl, ob früh, geplant und zu normalen Betriebsstunden etwas unternommen wird, oder ob es zufällig und unvorbereitet einen erwischt. Aus langjähriger Erfahrung beim Betrieb von mehreren Rechenzentren, mit etlichen schmerzhaften Lehren, ist klar, dass ein Betrieb immer einer Systemüberwachung unterworfen sein muss. Betriebsparameter sind zu erfassen, auszuwerten und in einem Bericht zu verdichten. Die Fehlermeldung „die Festplatte ist voll“ ist nicht akzeptabel. Das Verhalten der Anwendungen ist bekannt, ausreichende Puffer können definiert werden, Warnmeldungen frühzeitig abgesetzt werden. Wer meint, er könne hier sparen, zahlt drauf. Klar, Prophylaxe ist nicht gerade attraktiv, aber unersetzlich. Das erfordert bei manchen Verantwortlichen ein Umdenken. Bei der Digitalisierung sollen neue unbekannte Lösungen schnell eingeführt werden. Da muss der Betrieb sorgfältig geplant werden und mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet werden.
Veränderung der Kommunikation, Veränderung von Prozessen und Zuständigkeiten, Veränderung von technischer Betreuung. Das sind die Kernfragen des Betriebs einer Smart City. Und diese müssen am Anfang eines Vorhabens beantwortet werden und nicht am Ende, wenn die Lösung steht, in die Luft geworfen wird und man sich jemanden wünscht, der sie auffängt.